
Belohnung für zehn Jahre
09 Apr
Belohnung für zehn Jahre
Hinter dem Aufstieg der Männer 1 in die Bezirksoberliga steckt eine Geschichte, die 10, vielleicht sogar 20 Jahre zurückgeht. Mit dem GAP-Tagblatt blickt Hannes Bräu zurück und in die Zukunft
Garmisch-Partenkirchen – Hannes Bräu ist ein Kardinalfehler unterlaufen. Am geschichtsträchtigen Tag des Partenkirchner Handballs, dem Aufstieg in die Bezirksoberliga, kam der Macher des TSVP gegen Mitternacht nach Hause. Da waren die Feierlichkeiten natürlich noch nicht vorbei, sie sollten erst richtig losgehen. Doch davon bekam Bräu nichts mehr mit. Der Hunger hatte ihn zum heimischen Kühlschrank getrieben. Als das Magenknurren gestoppt war, tat er etwas, bei dem ihm im Vorfeld jeder hätte garantieren können, was passiert: Er legte sich aufs Sofa – nur kurz wollte er das Essen sacken lassen – und wachte erst Stunden später wieder auf. „Ich war völlig fertig“, gesteht Bräu lachend.Bis in die Morgenstunden zu zechen, hätte er aber ohnehin nicht können. Am Sonntagmorgen um 8 Uhr musste er schon wieder als Coach bei einem F-Jugend-Turnier an der Seitenlinie stehen. Allein das zeigt, wie aufopferungsvoll er sich um seinen TSVP kümmert. Allein das zeigt, dass er schon wieder an die Zukunft des Clubs denkt. Während alle anderen im Partymodus waren und den Augenblick feierten, blickte der Gestalter des Erfolgs schon wieder voraus auf das Abenteuer Bezirksoberliga. Und er glaubt: „Wir werden nicht so chancenlos sein, wie das manche vermuten.“
Das Futter der Skeptiker liefert die aktuelle Tabelle der BOL im Alpenvorland. Im Vorjahr verabschiedeten sich mit Sonthofen, Gilching und SC Unterpfaffenhofen-Germering II gleich drei Mannschaften nach oben. Sonthofen hatte lediglich sieben Minuspunkte in seiner Abschlussbilanz stehen, die anderen beiden neun. Die Partenkirchner steigen heuer mit mindestens zehn auf. Geht das Derby in Murnau am finalen Spieltag verloren, gar mit minus zwölf. Bräu weiß: Ein souveräner Aufsteiger sieht anders aus. Zudem befindet sich das Trio im Abstiegskampf. Sonthofen und Gilching hoffen noch auf den Klassenerhalt, die Zweite des SCU ist hoffnungslos. Kein Sieg in 21 Spielen, nur ein Remis. Drei Beispiele, die zeigen, wie erbarmungslos die Spielklasse aussortiert. „Der Unterschied zur Bezirksliga ist groß“, weiß auch Bräu.
Doch er baut darauf, dass dieses zarte Pflänzchen TSVP weiter wächst. Vor zehn Jahren wurde der Samen abermals von Wolfi Hostmann und Georg Friedrich gesät. Als alles zu verdorren drohte. Als die Partenkirchner laut Bräu „das schlechteste Team des Bezirks“ stellten. Zwei Jahre später übernahm Bräu die Verantwortung. Bereits damals erzählte er seinem Papa, Hannes Bräu senior, von seinem Traum mit Handballspielen in Partenkirchen vor 400, 500 Zuschauern. Der Vater schüttelte nur den Kopf. Der Junior aber pflegte und hegte das Gewächs, wässerte und düngte. Einmal topfte er es gar um. 2020 wurde die Kreuzung mit dem TSV Murnau beschlossen, 2022 war das Experiment gescheitert. Doch das Pflänzchen ging nicht ein, wurde nur etwas zurückgestutzt – und erblühte heuer in seiner ganzen Pracht.
Bräu bezeichnet den Aufstieg als „Belohnung für die vergangenen zehn Jahre“, als Preis für das Durchhaltevermögen, für den Glauben. Auch er selbst gesteht, dass er Anfang der Saison zweifelte, nachdem der TSVP zum Auftakt bei Abstiegskandidat Immenstadt verloren hatte. Die Spieler zweifelten nach der Auswärtspleite bei Würm-Mitte II im Oktober. Da hatte Bräu seine Zuversicht zurückgewonnen und bläute diese jedem einzelnen immer wieder ein – gemeinsam mit Christoph Widenmayer.
Dieser Triumph sei auch Verdienst des Coaches. Er sei die perfekte Lösung als sein Nachfolger gewesen. Er hatte nicht die Aufgabe, das Team weiterzuentwickeln, sondern auf Spur zu halten. Er habe es geschafft, dass der TSVP – der nicht über die besten Einzelkönner, die beste Defensive oder die beste Offensive verfügt – die beste Mannschaft der Saison stellte.Und die bleibt auch zum Großteil zusammen. Daher wird Bräus Blick in die Zukunft nicht trübe, sondern die Augen bleiben leuchtend. Ein paar Wechsel wird es geben, das ist normal. Insbesondere der Generationenwechsel müsse eingeläutet werden. Die alten Haudegen wie Bernhard Gröbel, Franz Rieger und Thomas Bräu werden nicht ewig weiter machen. Aber der TSVP verfügt über reichlich Spieler in bestem Handballalter, kann zudem nach wie vor auf die beiden Top-Akteure Lucas Scheffler im Tor sowie Maximilian Wasielewski auf Rückraumlinks bauen. Daneben beruht Bräus Optimismus auf der besonderen Heimspielstätte des TSVP, die Traglufthalle. Sie soll auch in der Bezirksoberliga die Blaue Festung der Roten Rebellen sein. (Patrick Hilmes/GAP-Tagblatt)